Das Erhabene – zum Tod von Queen Elisabeth II. – von unserem Kolumnisten Jürgen Schwab

Die Krone – ein Mythos der Erhabenheit (Bildquelle: Ashton Mullins / unsplash.com)

Das englische Königshaus: Hort der Bewunderung

Auch in meiner Familie gibt es welche, die sich seit Jahren mit mehr oder weniger Bewunderung mit dem britischen Königshaus im Besonderen und der Monarchie im Allgemeinen befassen. Ich hatte immer nur geahnt, welche Motive Kleinbürger bestimmen, die jetzt der Queen hinterhertrauern. Richtig verstanden habe ich es erst jetzt, da ich mich anläßlich des Todes der Queen an meine ein paar Monate zurückliegende Lektüre von  Edmund Burkes Buch über das „Schöne und Erhabene“ erinnere. Der Begründer des europäischen Konservativismus meinte – vereinfacht ausgedrückt –, daß das „Schöne“ sich kleinteilig ausdrücke, wohingegen das Erhabene von Größe und Weitläufigkeit geprägt sei.

Größtes Begräbnis der Menschheitsgeschichte

Ob die kleinen Hunde der Queen „schön“ sind, möchte ich nicht klären müssen, aber so ein monarchisches Staatsbegräbnis strahlt auf jeden Fall viel Erhabenheit aus. Erhaben wie – vergleichen heißt nicht gleichsetzen! – die alljährliche Militärparade am 9. Mai in Moskau, wenn Putin Tausenden jungen Soldaten „Hurra“ zuruft und dies lautstark aus tausenden Kehlen erwidert wird. Da fährt dem Beobachter, um es mit Burke auszudrücken, der Schrecken in die Glieder.

Falsche Vorbilder der Erhabenheit

Auch Hitler beeindruckte Inländer wie Ausländer, selbst ausländische Journalisten, in Nürnberg auf den „Reichsparteitagen“. Genau daraus speist sich auch das Bedürfnis mancher junger Deutscher unbedingt Neonazi sein zu wollen. Man möchte Teil eines erhabenen Projektes sein. Zumal man die BRD-Gesellschaft als jämmerlich, schäbig und niedrig empfindet.

Sollte der DFB wiedermal eine Trophäe gewinnen, da stehen dann Millionen Deutsche in den Großstädten wieder auf den Fan-Meilen und skandieren in Sprechchören den deutschen Sieg.

Das klein Gehaltene sehnt sich nach Erhabenheit

Wenn die Leute zumeist kleinbürgerlicher Herkunft dann abends wieder zu Hause sind, in ihrer kleinen, beengten und demnächst wohl kalten Wohnung, wenn sie sich am nächsten Morgen von ihrem Vorgesetzten oder von ihrem Kunden demütigen lassen müssen, dann erinnern sie sich vielleicht in der Mittagspause an die kurzen Momente in ihrem kleinbürgerlichen Leben, dem Erhabenen selbst anzugehören.

Eine wirkliche Volksgemeinschaft, ein echter Sozialismus und ein authentischer Volksstaat werden sich freilich mit emotionalen Projektionen alleine nicht begnügen können.

Jürgen Schwab

Zum Autor:

Jürgen Schwab, geboren 1967 in Miltenberg/Main, gelernter Bürokaufmann, Diplom-Germanist und parteiloser Publizist, studierte deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Kommunikations- und Politikwissenschaft an der Universität Bamberg. Aus seiner Feder stammen die Bücher: „Die Meinungsdiktatur – wie  ‚demokratische’ Zensoren die Freiheit beschneiden“ (Coburg 1997), „Deutsche Bausteine – Grundlagen nationaler Politik“ (Stuttgart 1999), „Volksstaat statt Weltherrschaft“ (Tübingen 2002), „Die Westliche Wertegemeinschaft“ (Tübingen 2007), „Angriff der neuen Linken – Herausforderung für die nationale Rechte“ (Tübingen 2009), „Die Manipulation des Völkerrechts – wie die ‚Westliche Wertegemeinschaft‛ mit Völkermordvorwürfen Imperialismus betreibt“ (Mengerskirchen 2011), „Flucht in die Menschheit. Der Schriftsteller Jakob Wassermann und der Typus des nichtjüdischen Juden“ (Neustadt an der Orla 2020), „Zukunft Deutsch. Möglichkeiten nationaler Politik im 21. Jahrhundert“ (Dortmund 2021) sowie „Gemeinschaft und Gesellschaft bei Martin Walser. Eine Werkanalyse“ (Neustadt an der Orla, 2022). Er ist Mitherausgeber von „1848 – Erbe und Auftrag“ (Graz 1998). Schwab ist Mitinitiator der Bildungsinitiative „Deutsche Akademie (DA)“ und des Netzwerkes „Sache des Volkes (SdV)“.