Vize-Admiral August Thiele – ein vergessener Held der Kriegsmarine

August Thiele (26.08.1893 – 31.03.1981) – ein vergessener Held der Kriegsmarine (Bildmontage: WIR)

August Thiele – Weggefährte von Großadmiral Dönitz

Vizeadmiral August Thiele wurde am 26 August 1893 in Berlin Charlottenburg geboren. Er war ein alter Freund von Großadmiral Dönitz, beide dienten sie schon als junge Seeoffiziere vor dem ersten Weltkrieg in der kaiserlichen Marine. In der Kriegsmarine diente er als Kommandant des Segelschulschiffes „Horst Wessel“ und Kommandeur der Marineschule Mürwik (Flensburg). Nach Kriegsausbruch war er auch längere Zeit Küstenkommandeur in Pommern. Daher waren ihm die Verhältnisse in der östlichen Ostsee bestens vertraut.

Im März 1943 wurde er Befehlshaber des Ausbildungsverbandes der Flotte. Dieser verfügte auch über die letzten vier, modernen Großkampfschiffe Deutschlands. Die schweren Kreuzer Admiral Hipper und Prinz Eugen sowie die Panzerschiffe (nominell auch schwere Kreuzer) Admiral Scheer und Lützow (“Ex- Deutschland”, wurde bei Kriegsbeginn umbenannt, da “Deutschland” nicht sinken durfte).

Gegen die gewaltige Übermacht der westalliierten Seestreitkräfte im Nord-Atlantik spielten diese Schiffe keine Rolle mehr. Deswegen hatte Hitler diese Schiffe abwracken wollen, um aus dem Stahl U-Boote bauen zu lassen. Admiral Dönitz war dagegen gewesen und hatte sich schließlich mit seinem Vorschlag durchgesetzt, sie für Ausbildungszwecke in der Ostsee einzusetzen.

Beförderung Thieles in den letzten Kriegsjahren

Die Ostsee, deren einziger Ausgang in Dänemark bis Kriegsende von der Wehrmacht kontrolliert wurde, war damals quasi ein Deutsches Binnenmeer.

Admiral Dönitz hatte dabei von Anfang an auch die überschweren Kaliber dieser Schiffe in seine Überlegungen einbezogen (20.5 cm und 28 cm). Sollte es zu Einsätzen gegen die Rote Armee in Küstennähe kommen, waren diese Schiffe praktisch unbezahlbar!

Als mit dem Zusammenbruch der deutschen Ostfront 1944 genau das passierte, ernannte Großadmiral Dönitz, inzwischen OB der Flotte, Vizeadmiral Thiele zum Befehlshaber in der östlichen Ostsee und reaktivierte diese Schiffe wieder als Kampfeinheiten. Zusätzlich erhielt Thiele auch noch mehrere Flottillen von Zerstörern und Torpedobooten.

Die jetzt einsetzenden Endkämpfe um das Baltikum und Ostpreußen wurden für diese Schiffe nun zu ihrer wirklichen Bewährungsprobe, sie wurden dabei zugleich auch Retter aus großer Not.

Wiederholt sicherten sie den Rückzug deutscher Heeresverbände (darunter auch große Teile der Kurlandarmee), indem sie an der Küste marschierenden Truppen der Wehrmacht Feuerschutz gegen die Rote Armee gaben. Gegen die schweren Kaliber der Schiffsartillerie waren die russischen Panzer chancenlos.

Humanitäre Katastrophe in Ostpreußen 1945

Als am 13. Januar 1945 die Schlacht um Ostpreußen begann, zeichnete sich eine ungeheure humanitäre Katastrophe ab. Der ostpreußischen Zivilbevölkerung drohte die komplette Vernichtung durch die von Stalins Ideologen aufgehetzten Soldaten der Roten Armee. (Der „Dichter“ Ilja Ehrenburg gab damals die Losung aus: „Brecht den Stolz der deutschen Frauen!“. Der menschlich korrekte Offizier der Roten Armee, Alexander Solschenizyn – der später berühmte  Schriftsteller – hielt sich an das Völkerrecht und verbot seinen Soldaten jede Art von Übergriff gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Er wurde daraufhin wegen „Mitleid mit dem Feind“ unehrenhaft aus der Armee entlassen.)

Der Weg nach Westen war den Menschen bald versperrt, große russische Verbände stießen -westlich an Danzig vorbei- bei Zoppot bis zur Ostsee vor und Ostpreußen wurde zur Insel. Eine Fluchtwelle nie gekannten Ausmaßes strömte jetzt zur Küste. Während die Reichsregierung, vor allem aber die örtliche Gauleitung1, mit hilflosen Durchhalteapellen und markigen Reeden agierten und die Bevölkerung zum Bleiben zwingen wollte, reagierte Großadmiral Dönitz.

Dönitz: “Alles, was schwimmt, zu Thiele.”

Er gab an alle deutschen Marinedienststellen den (wörtlichen) Befehl aus: „Alles, was schwimmt, zu Thiele“.

Dönitz schickte wirklich alles, was noch schwamm, nach Ostpreußen. Frachter, Fähren, Fischkutter und Trawler, Passagierschiffe, Schlepper und Versetzboote, es war eine endlose Zahl (darunter sogar ein wieder flott gemachtes Museumsschiff). Dieser Befehl des Großadmirals wurde nun der Auslöser für ein regelrechtes „Deutsches Dünkirchen“.

Zwischen Ostpreußen und Dänemark beziehungsweise Schleswig Holstein setzte ein gewaltiger Fährbetrieb ein, um die Menschen da raus zu holen.

Alleine der schwere Kreuzer Prinz Eugen, der am 29 März 1945 seine letzte Fahrt nach Westen antrat (kein Treibstoff mehr), nahm auf dieser Fahrt zu der eigenen Besatzung von 1500 Mann noch weitere rund 4000 Flüchtlinge mit. Das Schiff war so mit Menschen vollgepackt, dass man nicht mehr umfallen konnte.

Die Backbordschraube der Prinz Eugen steht heute beim Marineehrenmal in Laboe (Bildquelle: Youtube)

Die „feinen“ englischen „Gentleman“ aber waren sich nicht zu schade, die mit Frauen und Kindern vollgestopften Schiffe auch noch zu bombardieren. Bei der hohen Zahl von über drei Millionen geretteten, gab es daher auch rund 35000 Menschen, die auf der Flucht auf diese Weise ermordet wurden, darunter auch die 9000 Toten der Wilhelm Gustloff, die von einem russischen U-Boot versenkt wurde (Funkmeldung des russischen Kommandanten: „Habe 9000 Hitleristen vernichtet“)!

Kampfgruppe Thiele sicherte Evakuierung von Millionen

Bei dieser Evakuierung der ostpreußischen Zivilbevölkerung im Jahre 1945 sicherte die Kampfgruppe Thiele auch die Einschiffung dieser Millionen von Flüchtlingen und hielt dabei erneut die Rote Armee auf Distanz. Bei der Räumung von Danzig zum Beispiel schossen die Scheer und die Lützow mit ihren überschweren 28 cm Kalibern (Reichweite -bei neuen Rohren- mehr als 80 Kilometer) über die belagerte Stadt hinweg und vernichteten ein ganzes russisches Armeekorps. Für die dafür nötige Zielansprache, hatte die Marine kurzerhand einen Signaltrupp auf den Turm der Danziger Marienkirche geschickt. Dank dieses Hilfsmittels konnten die im Anmarsch auf Danzig befindlichen russischen Panzer im indirekten Beschuss vernichtet werden. Für die Rotarmisten wurde es zu einem Alptraum, sie konnten nichts sehen, sie hörten nur ein kurzes Jaulen in der Luft und dann war alles vorbei (uUm sich davon ein Bild zu machen: der Sprengtrichter einer 28 cm Granate betrug -je nach Härte des Untergrunds- mehr als 20 Meter im Durchmesser). Mit allen Mitteln versuchten die Russen nun, die Scheer und auch die anderen Großkampfschiffe zu versenken. Vergeblich, zum Schutz gegen feindliche Tiefflieger hatte man die schweren Einheiten mit einer ganzen Flottille von Flakträgern umgeben, welche die russischen Jagdbomber abschossen wie die Tontauben (Man hatte dazu sogar eine alte, von Schleppern gezogene, flache Haff-Vieh-Fähre wieder aktiviert. Auf ihrem langen und plattem Oberdeck standen alleine etwa 30 Flakgeschütze). Dank dieser Hilfe konnten auf dem Seeweg innerhalb von 2,5 Monaten mehr als 3.000.000 Menschen aus Ostpreußen evakuiert werden.

Es war die mit Abstand größte Rettungsaktion, die es je in de Weltgeschichte gegeben hatte!

Deutsche Rettungsaktionen bedürfen nicht des Buntland-Gedenkens

Heute weiß man über diesen heldenhaften Kampf um die Rettung von Millionen von Menschen kaum noch etwas (Gutmenschenmäßig wurde es von der Politik  pflichtvergessen. Es waren ja bloß Deutsche). Die tapferen Seeleute der deutschen Kriegsmarine konnten den Krieg nicht mehr gewinnen, aber sie retteten Menschenleben in einem nie dagewesenem Ausmaß (Darunter auch viele Franzosen, die noch als Kriegsgefangene in Ostpreußen auf den Rittergütern gearbeitet hatten und die der Russe genauso erschoss wie die Deutschen)!

Wenn der deutschen Kriegsmarine dabei nicht so langsam der Treibstoff und die Munition ausgegangen wären, hätte sie dieses Manöver wohl noch über einen wesentlich längeren Zeitraum durchhalten können!

Vizeadmiral Thiele war in dieser Phase der Kämpfe die ganze Zeit mit vor Ort, er leitete von der Brücke seines Flaggschiffes Lützow aus die ganze Aktion persönlich. Er geriet dann im Mai 1945, zusammen mit der Regierung Dönitz, in britische Kriegsgefangenschaft (Er stand nicht auf der „Kriegsverbrecherliste“ der Alliierten, obwohl die wütenden Russen ihn da unbedingt drauf haben wollten) aus der er am 2. Dezember 1946 entlassen wurde. Nach dem Krieg lebte er als Privatmann in Mölln in Ost-Holstein, wo er 1981 verstarb. Millionen von Menschen verdankten ihm ihr Leben, keiner kennt ihn mehr und es wurden auch keine Straßen nach ihn benannt!

1 Gauleiter Koch, viele nannten ihn einen Verbrecher, ich würde ihn eher als einen korrupten Vollidioten bezeichnen, flüchtete mitsamt seinem großen, zusammengeraubten Besitz und brauchte alleine dafür zwei Hochseeschlepper und ein Frachtschiff, die jetzt natürlich bei der Evakuierung der Bevölkerung fehlten. Später wurde er von den Polen hingerichtet.

Quellen:

1959: „Ostsee – Deutsches Schicksal 1944/45. Der authentische Bericht vom letzten Einsatz der Kriegsmarine“, 319 S. (2. verb. Aufl. 1964 unter dem Titel „Flucht übers Meer“) von G Becker

2007: Ritterkreuzträger 1939-45 2AL Veit Scherzer Militaer Verlag Jena

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