Das Erwachen (in Zeiten vor Corona!)
Ich wache auf. Mitten in der Nacht. Es ist wohl gegen neun Uhr morgens. Mein Schädel brummt. „Was für ein Gesaufe denke ich!“. „Aber es war so geil!“ Ich schaue neben mich. Ins versiffte Etwas, das ich Bett nenne. Niemand neben mir! Puuuuhh! Ich drehe mich in die Gegenrichtung. Greife neben das Bett. „Da muss doch noch irgendwas zum Saufen da sein“, denke ich. Doch scheiße! Den letzten Rest meiner Jackie-Mischung vom gestrigen Nachtrunk zuhause habe ich heute früh malerisch auf dem Boden verteilt. Die angetrocknete Whisky-Plärre überdeckt das Erbrochene vom Vortag. Jeder Abend hinterlässt eben seine Spuren. „Das gibt’s doch gar nicht!“, brülle ich. „Was für eine Scheiße!“. Ich will mich aus meiner durchgelegenen Koje erheben, aber ich bin viel zu platt. Als ich mich nach Stoff suchend auf die andere Seite drehe und mit meiner zittrigen Pfote nach Trinkbarem suche, gerät mir die Drecksfernbedienung in die Finger. Ich will sie schon fast an die Wand schmeißen, denke: „Jetzt nicht auch noch dieser Schlüsselöffner zur bürgerlichen Scheinwelt!“. Aber zufällig drücke ich auf den Anschaltknopf. Und eine entfesselte TV-Schlampe plärrt viel zu laut auf mich ein. Schwafelt irgendeinen Dreck. Hetzt gegen Trump. Faselt Müll von angeblichem Sexismus. Typischer Dreck aus dem Hause X-TV. „Oh Mann, was labern diese Penner wieder für eine Scheiße!“. Aber ich bin zu antriebslos, um mir dieses niveaulose Geseire mieser schwanzloser Lutscher überhaupt vom Hals halten zu können. Ich finde den Ausknopf nicht. Dösend erlebe ich die nächsten Stunden.
Das Wüten
Es ist wohl gegen halb zwölf. Ein unangenehmes Stechen in der Blasengegend weckt mich. „Oh, nein! Ich muss wohl pissen!“ Aber aufstehen will ich nicht. Ehrlich gesagt: Kann ich nicht. Mein getrübter Blick fällt wieder auf die Flimmerkiste. Eine gesinnungsschwule Karikatur eines Mannes im blauen Anzug leiert Nachrichten herunter. „Das interessiert nur miese Penner und dumme Fotzen!“, denke ich. Doch da werde ich hellhörig. Schottland soll als erstes Land der Welt einen Mindestpreis für Whisky und Wein einführen, labert da plötzlich ein Bübchen in seinem Konfirmantenanzug. „Fickt Euch doch, ihr miesen schwuchteligen Hurensöhne!“, denke ich. „Schottland! Mindeststeuer auf Whisky! Pahhh! Und morgen verschweigt Trump seine angebliche Schwangerschaft.“. „Das ist doch wieder ein weiterer Winkelzug der verfickten Lügenpresse!“, brülle ich mit kreischender Stimme. Plötzlich bin ich hellwach. Richte mich auf. „Den Schotten haben sie wohl ins Hirn geschissen!“. Mit offenem Mund folge ich den Ausführungen eines metrosexuellen TV-Lutschers, der wohl offensichtlich noch nie richtig einen gekippt hat. Tatsächlich. 50 Pence pro 10 Milliliter purem Alkohol sollen im Mutterland des Whiskys zukünftig mindestens fällig werden. Um mindestens 58 soll durch das Gesetz die Zahl der Alkoholtoten bereits im ersten Jahr senken. „58 Mal gehört jedem von Euch miesen Arschlöchern in die Fresse gehauen für diese Scheiße“, entfährt es mir zischend. Ich bin auf 180. „Als nächstes verbieten sie in Deutschland mit Rücksicht auf ihre Fugees noch das Bier!“, schreie ich nun wutentbrannt. „Aber was soll das?“, denke ich und taumle zum Kühlschrank. Meinem derzeit noch erschwinglichen Alkohol entgegen. Ich kann tatsächlich noch aufstehen. „Die Prohibition und hohe Alkoholpreise sind zum Glück genauso aussichtslos, wie der Kampf gegen rechts! WIR sind nicht zu stoppen!“. Ich reiße die Kühlschranktür auf. Entschlossen greife ich mir die erstbeste Pulle Schnaps. Es gibt noch Hoffnung.
* Charles Bukowski, geboren am 16. August 1920 in Andernach (Deutschland), verstorben am 9. März 1994 in San Pedro, war US-amerikanischer Dichter und Journalist. Einer seiner Facetten war, die Fäkalsprache literarisch hoffähig zu machen. Eine andere sein offenes Bekenntnis zum Alkoholismus. Diese kurze Abhandlung soll einen fiktiven Morgen im Leben des verstorbenen Schriftstellers nachzeichnen. Was hätte er wohl zu dem schottischen Vorstoß zur Mindeststeuer auf Alkohol gesagt. Wie würde er heute in bundesrepublikanischen Landen politisch denken? Manch einer mag sich an der derben Wortwahl stören. Manch emanzipierte Frau an Kraftausdrücken. Es ist Fiktion! Es ist Sprachmustern von Bukowski nachgebildet. Wer sich von Ausfälligkeiten und der Ablehnung des virtuellen Bukowski 2.0 angewidert fühlt und sich von der vorgetragenen schroffen Ablehnung des liberalen Zeitgeistes und des Multikulturalismus herausgefordert sieht, bei dem wurden die erwünschten Reaktionen erzeugt. Das soll jeder Anhänger der bunten Republik auch. Der Verfasser täte es Bukowski 2.0 gleich!
#Bukowski 2.0
#Bukowski lebt