
Erzengel Michael: Schutzheiliger des Deutschen Reiches
Diese eher verzerrte Karikatur eines Deutschen hat eine lange Vorgeschichte. Der Ursprung geht hierbei auf die katholische Kirche zurück. Nach der Christianisierung Deutschlands wurde der Erzengel Michael, der Engel mit dem Flammenschwert der Satan aus dem Paradies geworfen hat, von der Kirche zum Schutzpatron Deutschlands erhoben.
Vielschichtige Person des Erzengels Michael
Die Person dieses Engels war aber auch schon in alter Zeit etwas komplizierter. Erzengel Michael war ein geradezu fanatischer und kompromissloser Gefolgsmann Gottes. Damit hatte er eine gewisse Ähnlichkeit mit dem germanischen Gott Donar, was ihn für die Deutschen wesentlich attraktiver machte. Er galt auch in Kirchenkreisen schon recht früh als ein Wesen mit eher schlichtem Gemüt. Die Tatsache, dass Michael sozusagen der Heerführer Gottes war, gefiel wiederum auch vielen zum Christentum konvertierten Germanen. Es kam ihrer eigenen Geschichte als große Krieger und Gefolgsleute eines wehrhaften Gottes Wotan/Odin sehr entgegen.
Erzengel Michael als Brücke zum altnordischen Glauben und zur Nibelungensage
Deshalb wurde die Person des Erzengels von den christlichen Missionaren wohl auch stark propagiert. In den christlichen Legenden wurde Michaels Kampf gegen den Teufel dann auch oft als Kampf gegen einen Drachen dargestellt. Hier nahmen clevere Kirchenleute eindeutig auch eine kleine Anleihe bei der im Volk sehr beliebten Siegfriedsage aus dem Nibelungenlied. Dabei erbten die Deutschen aber auch die Begrifflichkeit des schlichten Charakters dieses himmlischen Helden. Die wurde dann natürlich auch gerne von den Feinden unsers Volkes gegen uns verwendet.
Die im Volk weit verbreitete Popularität dieses Erzengels hatte dann auch zur Folge, dass sein Name bis heute als Jungenname sehr beliebt ist. Es gibt dabei auch noch eine alte Legende von 955. Damals besiegte Otto der Große in der Schlacht auf dem Lechfeld das zahlenmäßig weit überlegene Heer der Ungarn. Im Volk kam dabei die Legende auf, dass himmlische Mächte Otto geholfen hätten. Es gab Leute, die beschworen, sie hätten eine himmlische Heerschar unter der Führung des Erzengels über sich schweben gesehen!
Vereinnahmung des Erzengel Michaels durch die katholische Kirche
Mit der Verehrung des Erzengels in Deutschland einher ging aber auch die Vereinnahmung der Deutschen durch Rom. Das Heilige römische Reich deutscher Nation war quasi die Schutzmacht des Vatikans. Der Papst, immer wenn er in Not war, stützte sich auf die Deutschen. Das führte zu einer weiteren religiösen Verklärung des Erzengels (dieser beschützte das Paradies, die Deutschen und die Kirche). Da aber die Figur des Erzengels in der gesamten Christenheit hoch verehrt wurde, führte dies dann auch zu Eifersüchteleien.
Der Michel: Hassfigur für den Erzfeind Frankreich

Später griffen vor allem die Franzosen den Begriff auch zu negativen Propagandazwecken auf. In der langen Auseinandersetzung mit Deutschland um die Vorherrschaft in Europa, nutzten sie ab etwa dem 15. Jahrhundert die Figur auch für erste Vergleiche über den schlafmützigen deutschen Michel!
Die hiostorische Bedeutung der Zipfelmütze
Die berühmte Zipfel oder auch Schlafmütze wurde dabei schnell zu einem eher negativen deutschen Attribut. Was dabei heute kaum noch jemand weiß: dieser Vergleich hinkte gewaltig. Die Zipfelmütze ist von ihrer Herkunft her nämlich ein sehr innovatives Kleidungsstück!
Anfangs waren sie die typischen Kopfbedeckungen der Bergleute. Der Hohlraum der Zipfelmützen wurde mit Lehm verfüllt und machte sie damit zu einem Schutzhelm gegen Steinschläge. Später übernahm das Militär die Mützen. Die Grenadiere der preußischen Armee trugen sie hinter ihren hohen Mützenschildern. Auch hier wurden sie mit Lehm verfüllt, so sollte der Kopf vor Säbelhieben bei einem Kavalleriedurchbruch geschützt werden. Viele Soldaten aber trugen sie auch nach ihrer Entlassung aus dem Armeedienst als private Kopfbedeckung weiter (jetzt natürlich ohne Lehm), so entstand dann das typische Klischee des etwas mäkligen und müden älteren Herren mit Zipfelmütze!
Ungebrochene Popularität des Erzengels Michael
Der Popularität des Erzengels tat das in Deutschland keinen Abbruch, bis heute hat sich diese gehalten. Auch der Name Michael zählt immer noch zu den beliebtesten Jungennamen. Es gibt unter den gläubigen Christen in Deutschland auch Leute, die glauben, dass sie durch die gleichzeitige Funktion des Engels als Wächter des Himmels dort dann auch später einen „Heimvorteil“ auf dem Weg zum Jüngsten Gericht haben. Wie dem auch sei: Irgendwie passen der Erzengel und die Deutschen ganz gut zusammen. Schaden kann es ja nicht, wollen wir dann auch hoffen, dass uns das eines Tages tatsächlich einen ‚Heimvorteil‘ einbringt!
Quellen:
Wikipedia (mehrfach, auch die wesentlich bessere englische Ausgabe)
Bernd Grote: Der deutsche Michel. Ein Beitrag zur publizistischen Bedeutung der Nationalfiguren (Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung. Bd. 11, ISSN 0417-9994). Ruhfus, Dortmund 1967
Jürgen Link: Nationale Mythen und Symbole in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Strukturen und Funktionen von Konzepten nationaler Identität Klett-Cotta, Stuttgart