Vorbemerkung
Die Tauentzienstraße in Berlin. Fast jeder, der im heutigen ‚Kalkutta an der Spree‘ weilt, kennt diese Straße nicht. Aber kaum einer kennt die Namensgeber: Vater und Sohn Tauentzien, zwei bemerkenswerte Offiziere, die im Siebenjährigen Krieg bzw. in den Napoleonischen Kriegen ihre Meriten erwarben.
Vater Generalmajor Friedrich Bogislav von Tauentzien
Im Sommer des Jahre 1760, dem fünften Jahr des Siebenjährigen Krieges, war Generalmajor Friedrich Bogislav von Tauentzien preußischer Stadtkommandant der schlesischen Hauptstadt Breslau.
Tauentzien war ein dickköpfiger Pommer wie er im Buche stand (die trotz ihres Adels ziemlich arme Familie stammte aus Lauenburg in Hinterpommern). Ihm stand nur ein Regiment von 3000 Mann zur Verfügung, darunter neben den rund 1000 pommerschen Grenadieren seiner Stammeinheit, 2000 Mann an unzuverlässigen und zwangsrekrutierten Garnisonstruppen. Mit diesem kleinen Haufen hielt er die Stadt ab dem 2 Juli gegen eine österreichische Belagerungsarmee von fast 50.000 Mann unter dem feindlichen Feldmarschall Laudon, der zu Maria Theresias besten (und skrupellosesten) Offizieren gehörte.
Damit der Probleme nicht genug musste Tauentzien in Breslau auch noch auf 9000 österreichische Kriegsgefangene aufpassen, die sich innerhalb der Stadt fast ungestört bewegen konnten.
Pommersche Dickschädel und aussichtslose Lagen
Die Lage war eigentlich aussichtslos, Laudon fordert die Preußen mehrfach zur Kapitulation auf, die Tauentzien aber immer wieder ablehnte. Am 31 Juli gelang es den Österreichern auch noch die Oder zu sperren, so das Tauentzien nun von jeglicher Verbindung nach Außen abgeschnitten war. Ein weiteres Mal forderte Laudon ihn nun unter Hinweis auf die aussichtslose Lage zur Kapitulation auf. Tauentzien versuchte nun auf Zeit zu spielen, da er davon überzeugt war, dass man ihm zu Hilfe kommen würde. Er erklärte Laudon, dass er die Kapitulationsaufforderung seinen Leuten selber mitteilen solle. Er traue sich das nicht zu. Laudon lässt sich darauf ein, ein kurzer Waffenstillstand wird vereinbart, die preußische Garnison auf dem Marktplatz von Breslau versammelt und Tauentzien kam nun zusammen mit Laudon vor die Front.
Die „Pommersche Antwort„
Der österreichische Befehlshaber sagt zu den preußischen Grenadieren:
„Kerls ihr habt gut gekämpft, aber nun ist es vorbei! Legt die Waffen nieder, jeder weitere Widerstand ist sinnlos!“
Die Grenadiere schweigen. Schließlich nach einer ganzen Weile tritt einer der Männer, ein schnauzbärtiger Veteran, vor die Front, knallt seine Hacken zusammen, und sagt in aller Deutlichkeit zu Laudon:
„Leck uns am Arsch, du Hund!“
Danach tritt der Mann ohne jede weitere Regung wieder ins Glied zurück.
Laudon läuft rot an und sagt wutentbrannt zu Tauentzien:
„Exzellenz, wenn sie jetzt nicht kapitulieren, werden wir niemanden mehr verschonen, auch nicht die Leibesfrucht!“
Tauentzien nimmt es gelassen. Mit der für ihn sprichwörtlichen Ruhe sagt er: „Mann immer zu, weder meine Grenadiere noch ich sind schwanger!“
Tauentziens Warten auf die Entsatzarmee
Laudon kehrt stinkwütend zu seinen eigenen Truppen zurück und lässt ab dem 1. August die Stadt erbarmungslos mit Brandbomben beschießen, wodurch große Teile der schlesischen Metropole verwüstet werden. Fünf Tage lang folgt dann ein Sturmangriff nach dem anderen, alle werden sie von den Pommern unter hohen Verlusten für die Österreicher abgeschlagen. Nach einer Woche dann zieht sich Laudon urplötzlich eiligst zurück. Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder des Königs, naht in Eilmärschen mit einer Entsatzarmee, Breslau ist gerettet.
Die unfeine Bemerkung des Grenadiers aber (die es in diesem Krieg – auch an anderer Stelle – öfters gegeben hatte) ist in den Geschichtsbüchern unter der Bezeichnung: „Eine pommersche Antwort!“, eingegangen.
Überliefert wurde diese ganze Geschichte übrigens durch keinen geringeren als den berühmten deutschen Dichter und Philosophen Gotthold Ephraim Lessing, der damals, in seinen jüngeren Jahren, Generalmajor Tauentziens Regimentsschreiber und Sekretär war (sozusagen der „Schreibstubenbulle“).
Tauentzienstraße nach Sohn von Tauentziens benannt
In Berlin erinnert noch heute die Tauentzienstraße nahe des Kudamms, die eigentlich nach seinem Sohn benannt wurde, an diesen querköpfigen Pommern. Auch dieser Sohn, er brachte es bis in den Grafenstand, Bogislav Friedrich Emanuel von Tauentzien, passte in die Linie. Als General in den napoleonischen Kriegen befreite er nur mit Landwehrverbänden und einer schlecht bewaffneten Bürgermiliz Pommern und später auch die Städte Torgau und Magdeburg von den Franzosen.
Interessante Blutlinie: Manfred Freiherr von Richthofen, der berühmte deutsche Jagdflieger aus dem ersten Weltkrieg („roter Baron“) war übrigens auch ein Nachfahre vom jüngeren Tauentzien!
Das 1795 errichtete Ehren- und gleichzeitige Grabmal für den Vater aber, eine gemeinsame Arbeit des berühmten Architekten Langhans mit dem nicht weniger berühmten Bildhauer Schadow, das in Breslau für den alten General aufgestellt wurde, ist 1945 von den Polen geschleift worden.