Sunstorm boomt und G.O.N.D. hält dem Regen stand

G.O.N.D. 2019 rief – und 10.000 kamen! (Bildquelle: WIR)

Das Sunstorm-Festival in Nordheim entwickelt sich prächtig

Im  beschaulichen Nordheim, nur wenige Kilometer von Heilbronn entfernt, fand zum neunten Male („Loud since 2011“) vom 04.-07. Juli 2019 das Sunstorm-Festival statt. Mit viel Verve und individuellem Engagement stellen hier mit dem „Sonnenwirbel Entertainment e.V.“ ein gemeinnütziger Verein mithilfe zahlreicher Sponsoren Erstaunliches auf die Beine. Fanden sich anfangs im Jahr 2011 noch überschaubare 170 Personen im Heilbronner Gaswerk ein, um acht Nachwuchsbands zu hören, hat sich das Festival mit breitem Musikrepertoire vom Geheimtipp zum stetigen Wachstumskandidaten unter den Freiluftfestivals im Sommer entwickelt.

Zeltplatz und Wohnwagenfläche expandieren – Teilnehmer überrennen die Veranstalter im Sommer 2019

Bereits am Donnerstag im Rahmen der kleinen Auftaktveranstaltung fanden sich mehrere Hundert Freunde des Festivals ein. Die Zeltplätze und das Wohnwagenareal sollten in den kommenden Tagen dann zum Bersten gefüllt sein. Nicht nur den heißen Tagen zu Juli-Beginn, sondern auch den wohl über 2.000 Teilnehmern war es geschuldet, dass die Veranstalter förmlich überrannt wurden und ständig neue Getränke ordern mussten.

Familiäres Festival mit guter Organisation und stets erstaunlich hochkarätigen Bands

Es hat seinen Charme, zu einem vergleichsweise kleinen Festival zu gehen. Kurze Wege und stets laufen einem die alten Bekannten der Vorjahre über den Weg. Zwei einander zugewandte Bühnen am jeweiligen Ende des Rollschuhbahngeländes garantieren gute Akustik und viel Dynamik. Mitunter etwas zuviel, denn zumindest bis die namhaften Bands aufspielen, folgt ein Konzert dem anderen ohne nennenswerte Unterbrechung. Die Besucher müssen sich nur umdrehen und wenige Meter in die andere Richtung laufen.

Erstaunlich: Jedes Jahr gelingt es dem Festival, hochkarätige Bands anzuheuern. Insbesondere wird die gesamte Bandbreite im Bereich Heavy Metal abgedeckt. Selbst die von der deutschen Kultband Boehse Onkelz verehrten „Pro Pain“ spielten schon in dem romantischen Weinort auf. Dieses Jahr wurden mit „Megaherz“ am Freitag und der unverwüstlichen deutschen Thrashmetalgruppe „Tankard“ am Samstag wieder zwei große Fische an Land gezogen.

Topact Megaherz wusste deutlich mehr als Tankard zu überzeugen

WIR sind seit Jahren dort anwesend und haben unsere musikalischen Vorlieben. Sehr gut fanden WIR beim Sunstorm 2019, dass nicht mehr so viele Bands zu Gast waren. Klasse statt Masse. Mit einigen Darbietungen im Zeichen infernalischen Lärms konnten WIR uns auch dieses Jahr nicht recht anfreunden. Bereits am frühen Freitagabend begeisterten uns „Visions of Atlantis“. Die Mitglieder von „Anvil“ zeigten ihre Gitarrenkunst, schienen aber mehr für sich selbst zu spielen als für das Publikum. Keinerlei eingängige Kehrreime prägten deren Auftreten. „Megaherz“ hingegen konnten durch die Bank absolut überzeugen. Voller Dynamik die ganze Band um den Sänger Alexander Wohnhaas. Top Auftritt.

Generell war das Programm am Samstag nach unserer Auffassung etwas schwächer aufgestellt als am Vortag. Viel Lärm. Wenig Melodisches. Necrotted wussten mit ihrer im Deathmetal-Bereich angesiedelten Musik und einem kompromisslosen Auftritt zu überzeugen. Als dann die tiefe Nacht über Nordheim kam, traten „Tankard“ auf. Erstaunlich: Seit 37 Jahren sind die Jungs um Andreas „Gerre“ Geremia zusammen. Ungewöhnlich in Zeiten der Reunion-Inflation! Vor allem Letzterem waren diese 37 Jahre bei seinem Aufritt am 06. Juli anzumerken. Gesanglich durchaus passabel ist der Fitnessgrad des Tankard-Frontmannes – vorsichtig gesagt – mehr als ausbaufähig. WIR empfehlen dringend, den einen oder anderen Tankard (engl. „Bierkrug“) wegzulassen und gelegentliches Intervallfasten ins Auge zu fassen.

G.O.N.D. 2019 – vom Wetter gepeinigt

Seit 2006 findet das „Festival wie ein Orkan“ mittlerweile statt. An sich im fernen niederbayrischen Rieden stattfindend ergibt sich der Heilbronner Bezug durch die beiden Veranstalter aus dem Landkreis Heilbronn und der Tatsache, dass die erste Veranstaltung 2006 in Bad Rappenau geplant war und die zweite tatsächlich in Langenbrettach stattfand. Hatte „Suntorm“ weilweise mit zu hohen Temperaturen zu kämpfen, kühlte es vom 11. bis 14. Juli merklich ab. Und schlimmer: Insbesondere am Freitag schüttete es wie aus Kübeln. Langjährige Teilnehmer beklagten den immer geringer werdenden Zuspruch. Man musste ein wenig Angst um den Erfolg der Veranstaltung haben.

Treue Fans des Festivals aus dem gesamten deutschen Kulturraum

Seit der Wiedergründung der Onkelz musste das Geschäftsmodell der Veranstalter ohnehin umgestellt werden. Waren bis zur Reunion Coverbands der Onkelz eine Marktlücke für die Fans der Musik ihrer Idole, spielen und touren nunmehr die Originale wieder durch die Lande. Seit der Onkelz-Auflösung 2005 hat sich im Deutschrocksektor aber vieles getan. „Freiwild“ schienen so etwas wie der legitime Nachfolger der Onkelz. Nun gibt es mit „Unantastbar“ eine weitere Südtiroler Combo, die seit Jahren auf der G.O.N.D. zu überzeugen weiß. Und die treuen Fans der G.O.N.D. danken es den Veranstaltern bis heute, dass sie von den Veranstaltern Kidi und Timo über die Onkelz-lose Zeit hinübergerettet wurden. Und strömen weiter aus dem gesamten deutschen Kulturraum zum „Festival wie ein Orkan“.

Auch Deutsche aus Österreich kamen 2019 wieder zur G.O.N.D.

Eingeschränkte Auswahl von Bands – „Unantastbar“ entschädigt für alles

Trotz der angedeuteten positiven Entwicklung deutscher Rockmusik sind die onkelz-affinen Bands mit eigenen Texten rar gesät. Für einen Topact wie „Freiwild“ hat es in den letzten Jahren für G.O.N.D. nicht gereicht, insbesondere seit ein ehemaliger Mitorganisator unter dem Motto „Rock Dein Leben“ in ähnlichem musikalischen Fahrwasser, aber breiterem Musik-Spektrum und hochkarätiger Besetzung um eine ähnlich Zielgruppe buhlt. Somit spielten die üblichen Verdächtigen auf. Berserker & Co bliesen zur Attacke. Wen WIR dieses Jahr vermisst haben, waren „9mm Assi Rock“. Die musikalischen Höhepunkte am Donnerstag und Freitag bildeten „Kärbholz“ und „Krawallbrüder“. Wer die beiden Combos mag, war mit deren Auftreten bestimmt nicht unzufrieden. Vor allem bei Kärbholz am Donnerstag war die Stimmung grandios; diese trübte sich am verregneten Freitag wetterbedingt deutlich ein, worunter insbesondere „Toxpack“ als namhafte Vorgruppe und die „Krawallbrüder“ als Topact des Tages litten.

„Unantastbar“ aus Südtirol waren am Samstagabend allein den Eintritt wert! (Bildquelle: WIR)

Entschädigt für widrige Wetterverhältnisse und dünn gesäte musikalische Höhepunkte haben aber die Jungs von „Unantastbar“. Sie legten einen phänomenalen Auftritt hin. Fragwürdig in diesem Zusammenhang allerdings aus unserer Sicht: Mussten unbedingt „Rotz und Wasser“ die Band sein, die vor den Südtiroler Aufsteigern spielten? Gewiss „Rotz und Wasser“ sind aufrechte Jungs, die es gut meinen. Aber vor den sozial- und gesellschaftskritischen Texten von „Unantastbar“ die Jungs aus Hamburg und nicht Italien mit ihren „allergrößten Genitalien“ spielen zu lassen, fanden WIR unangebracht. Da hätten es andere Bands und seien es Onkelz-Cover-Bands mehr verdient gehabt, an hervorgehobener Stelle aufzuspielen. Sei’s drum! „Unantastbar“ spielten wie aus einem Guss. Überragend. Und selbst die pedantisch anmutende bayrische Polizei vor Ort musste bei zwei vereinzelt gezündeten Bengalos nicht erneut das ganze Konzert beim besungenen „Bengalischen Feuer“ abbrechen wie zwei Jahre zuvor. Bravo!

 

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