
Vorweg:
Diese mehrteilige Abhandlung soll mit dem Missverständnis aufräumen, beim (Rechts-) Libertarismus würde es sich nur um eine verschärfte Form des Liberalismus handeln, der mit Turbokapitalismus und Globalisierung zu assoziierten, ja gleichzusetzen sei.
Egal ob eine bewusste Verdrehung seitens der Vertreter eines multikulturellen Egalitarismus vorliegt oder ob aus Unwissen alles über einen Kamm geschert wird: Mit beidem soll hier aufgeräumt werden.
Fehlurteil: Weil Libertäre wie ‘ moderne‘ Liberale sich gesellschaftspolitisch als ‘freiheitlich‘ positionieren, haben sie auch ein gesellschaftspolitisch gleichgütiges („permissives“) oder sogar progressives Gesellschaftsmodell.
Paleo heißt: „(Ur-)Alt“ (zur Begrifflichkeit)
Die Ides des Liberalismus, dessen eine spezifische, neuzeitliche Ausprägung der Libertarismus ist, ist ein Kind seiner Zeit. Im Zuge der Aufklärung hatte der Liberalismus im 18. Jahrhundert seine Stoßrichtung im Hinblick auf das Erkämpfen bürgerlicher Freiheitsrechte gegen absolutistische Herrscher von vermeintlich „Gottes Gnaden“. Im 19. Jahrhundert stand der Liberalismus Pate für die Befreiung der Nationen aus transnationalen Königshäusern und deren immer noch teilweise feudalistischen Herrschaftssystemen.
Der Liberalismus des „Hier und Jetzt“ hat sich aber zunehmend zeitgeistig verrannt. Er hat seinen Ursprung von der Sicherung der Eigentumsrechte aus den Augen verloren und wendet sich zunehmend angeblich unveräußerlichen Grund- und Menschenrechten für alle in einem Gemeinschaftsverband zu – Umverteilung und individuelle Verantwortungslosigkeit zugunsten des entindividualisierten Gemeinwesens nehmen zu.
Permissive Liberale – daher auch gesellschaftspolitisch permissive Libertäre?
Die vermeintlichen „Liberalen“ – in den USA beispielsweise ein Synonym für „links“ – haben ihre Strategie, dass im Mittelpunkt das Privateigentum stehe, längst zugunsten vermeintlich humanitärer Ideale aufgegeben. Wichtig seien vielmehr die imaginäre ‘soziale Gerechtigkeit‘ und für alle verpflichtende Minderheitenrechte.
Insofern ist die paleolibertäre Rechte gänzlich kontrovers zu den oben beschriebenen links-libertarianistischen Abwegen. Der Paleo-Libertarianismus mit seinen Repräsentanten Murray Rothbarth und Lew Rockwell, später mit seinen deutschen Wurzeln Hans-Hermann Hoppe, nehmen demgegenüber eine ganz offensichtliche Gegenposition ein.
Anstatt permissiven, vermeintlich ‘liberalen‘, sublim neomarxistischer Positionen, werden von Seiten des Paleo-Libertarismus, also neusprechlich: des Old-School-Libertarismus, in Übereinstimmung mit dem Primat des Privateigentums und der Eigenverantwortung gesellschaftspolitisch als konservativ geltende Werte vertreten.
Diese paläo-libertären Werte sind bei Lichte betrachtet nur Stützpfeiler der Sicherung des Privateigentums und der Eigenverantwortung, werden aber von Seiten der lauen, vermeintlich liberalen Gegenspieler als konservativ und rückwärtsgerichtet dargestellt, um sie vermeintlich außerhalb der Zeit anzusiedeln – freiheitlich und ökonomisch betrachtet sind sie genau das Gegenteil.
Knackig zusammengefasst: Libertäre scheißen im Gegensatz zu zeitgenössischen Liberalen auf politische Korrektheit und vermeintlich imperative Minderheitenrechte. Jeder hat das Recht, jeden anderen wegen seiner gesellschaftspolitischen und/oder religiösen Auffassungen nicht als Vertragspartner zu wählen, weil das Primat stets bei privatrechtlichen Vereinbarungen liegen muss – losgelöst von jeglichem staatlichen (Mitsprache-) Rechten.
Wer offensichtlich gemeinschaftskonstitutive Elemente wie Familie, Andersgeschlechtlichkeit und Geschlechterrolle beseitigen will, mag dies für sich tun, der Paleo-Libertarist denkt nachhaltig und setzt auf den Nukleus jeder (ökonomischen) Gemeinschaft: die traditionelle und einzig lebenswirkliche Familie aus Vater, Mutter und möglichst vielen Kindern.