Schon vor einigen Jahren fragte sich der wortgewaltige Satiriker Wiglaf Droste: „Respekt – warum nur, wofür, für wen, für was, einfach so, nur für da sein?“ und gibt in seiner Glosse sogleich die Antwort: „Nicht für nichts, das ist eine gute Regel“
Diese Erkenntnis ist umso bemerkenswerter, als dieser Wiglaf Droste dem linken Milieu entstammt, also genau dem Milieu, das heute im Zuge radikaler Gleichmacherei für alles und jeden Respekt einfordert als wäre es ein universelles Menschenrecht.
Vielleicht hatte Herr Droste aber nur ein aufrüttelndes Erlebnis. Vielleicht bummelte er in Berlin-Kreuzberg den Gehweg entlang und begegnete drei halbstarken Migrationshintergründlern mit dem großen Latinum in Kampfsport, die bei ihm Toleranzschwelle und Unterwerfungspotential austesten wollten, indem sie ihm den Weg versperrten und in Pidgin-Deutsch etwas einforderten, auf das sie Anspruch erhoben: „Respekt Alda – oder haue Fresse!“
Nachdem er, auf die Straße abgedrängt, seinen Weg zur nächsten Kneipe fortsetzen durfte, um dort den Groll mit ein paar Bier runter zu spülen, hatte er Gelegenheit darüber nachzudenken für wen und für was eigentlich Respekt angebracht sei und kam zu dem Ergebnis, daß junge Männer, die einem nur mit den Händen vorm Gesicht rumfuchteln und Respekt einfordern diesen nicht verdient haben.
Alle Achtung, Herr Droste! Offensichtlich sind Sie zumindest in Teilbereichen resistent gegen linke Ideologien, lernfähig und zu analytischem Denken fähig. Für einen Linken eine durchaus respektable Leistung.
Daß nicht jeder Dahergelaufene berechtigten Anspruch auf Respekt hat, ergibt sich dank der Bedeutungsgenauigkeit der deutschen Sprache schon aus dem Umstand, daß es so etwas wie Respektspersonen gibt. Und weil nicht jeder, der auf Erden wandelt eine Respektsperson sein kann, müssen sich diese zwangsläufig von den anderen unterscheiden und eher eine Minderheit darstellen. Es ist auch keinesfalls nachzuvollziehen, daß jeder einfach nur dafür, daß er geboren wurde und jetzt eben da ist, Respekt verdient hat. Womit wir beim nächsten Wort wären, das eng mit Respekt verknüpft ist. Man muß ihn sich nämlich verdienen, d.h. man muß etwas dafür tun bzw. man mußte in der Vergangenheit schon etwas dafür getan haben, oder noch genauer gesagt man mußte etwas geleistet haben.
Zum Beispiel eine außergewöhnliche Leistung in Sport, Kultur, Wissenschaft, Schule, Beruf, Handwerk oder anderswo. Das nennt man dann eine respektable Leistung und der Erbringer hat Respekt verdient. Aber auch ein langes, arbeitsreiches Dasein verdient in seiner Gesamtheit als Lebenswerk durchaus Respekt. Denn auch wenn im Berufsleben keine Wunderdinge vollbracht wurden ist es durchaus respektabel wenn einer mit 16 seine Lehrzeit beginnt und bis zum Rentenalter seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie durch eigene Arbeit und Leistung verdient. Auch das Dasein einer Mutter, die Kinder großzieht und durch ihre Tätigkeit als Hausfrau der Familie ein sauberes und behagliches Heim bietet, ist mit großen Anstrengungen verbunden, erfordert dauernde Leistungsbereitschaft und nötigt einem Respekt ab.
Allzu oft begegnen wir heute leider dem Gegenteil, denn es gibt eine nicht unbedeutende Anzahl Menschen in diesem Land, die sich im erwerbsfähigen Alter befinden und es vorziehen andere für sich arbeiten zu lassen. Wer durch unglückliche Schicksalsschläge als Empfänger von Sozialleistungen bzw. Transferzahlungen endet, dem mag Mitleid und die Unterstützung der Solidargemeinschaft zustehen. Wer sich jedoch mutwillig in die Situation eines Sozialschnorrers begibt, sei es als Angehöriger des bundesdeutschen Sozialadels oder als zugewanderter Wirtschaftsflüchtling, dem gebührt unter keinen Umständen Respekt.
Daneben gibt es den Respekt gegenüber Personen, der sich aus deren Position ableitet. Man nennt sie z.B. Vorsitzende, Befehlshaber, Behördenleiter, Direktor, Minister oder einfach nur Chef.
Der feine Unterschied besteht darin, daß diese oft, aber nicht immer ihre hochgestellte Position durch echte oder bessere Leistungen erreicht haben. Denn mit viel Geld kann man ebenso in eine einflußreiche und Respekt gebietende Position kommen wie durch Arschkriecherei , geschicktes Taktieren, Seilschaftspflege, Erbfolge oder als Politiker durch eine gefälschte Wahl. In der Beamtenlaufbahn kennt man sogar die turnusmäßige Beförderung, ein vom Leistungsprinzip weitgehend entkoppelter Vorgang.
Wer in hierarchische Strukturen eingebunden ist, sollte sich bewußt sein, daß viele Personen in hohen Positionen Respektsbezeugungen erwarten und einfordern können. Sich hier wiederholt und auffällig zu verweigern könnte berufliche Nachteile zur Folge haben. Nicht umsonst sind große, hierarchisch aufgebaute Organisationen wie Ämter, Ministerien, Konzerne usw. Brutstätten von Duckmäusertum, Heuchelei und Spechelleckerei. Jeder muß für sich abwägen bis zu welchem Punkt und gegenüber wem er sich hinsichtlich Respektserweisung verbiegen will oder prostituieren muß, denn der Broterwerb ist eine Existenzfrage.
Als Extrem sei an das Bild des Untertanen erinnert, der sich seinem Herrn nur mit gesenktem Blick nähern durfte. Hier ist die Respektsbezeugung gleichzeitig Ausdruck der Unterwerfung vor der Macht. Die Mißachtung solcher Unterwerfungsrituale kann auch heute noch, in archaisch geprägten Herrschaftsstrukturen schlimme Folgen haben.
Je höher die der Position oder dem Amt innewohnende Macht, umso größer in der Regel die damit verbundene Verantwortung. Wer Amt und Macht mißbraucht, wer seiner Verantwortung nicht gerecht wird, der hätte eigentlich keinen Respekt, sondern Verachtung verdient.
Grundsätzlich gilt: Respekt gegenüber Personen hat etwas mit Leistung zu tun oder mit der Macht bzw. Verantwortung, die sich aus ihrer Position ableitet. Die Respektserweisung ist ein freiwilliger Vorgang, wer sie verweigert muß unter Umständen bereit sein die Folgen zu tragen.
Das Wort Respekt wird auch oft in einem anderen Bedeutungszusammenhang gebraucht, z.B. wenn man vom Respekt gegenüber der Natur, vor dem Leben oder dem Respekt gegenüber anderen Kulturen redet. Gemeint ist damit Achtung bzw. Achtsamkeit.
Wie sollen wir nun Anderen begegnen? Fremden Menschen, von denen wir nicht wissen welchen Rang bzw. Position sie einnehmen, welche Leistungen sie schon erbracht haben oder zu welchen sie fähig sind? Ganz einfach so, wie es sich für uns Deutsche, Angehörige eines Kulturvolkes gehört, nämlich mit Höflichkeit und Rücksichtnahme.
Mit Respekt nur dann, wenn wir der Ansicht sind, daß sie es verdient haben.
Auf keinen Fall mit der Art Respekt, der als Vorstufe zur Unterwerfung gefordert wird, denn das sind wir unserer Selbstachtung schuldig.
Kopiert von M.Schneider