
Vorweg:
Diese mehrteilige Abhandlung soll mit dem Missverständnis aufräumen, beim (Rechts-) Libertarismus würde es sich nur um eine verschärfte Form des Liberalismus handeln, der mit Turbokapitalismus und Globalisierung zu assoziierten, ja gleichzusetzen sei.
Egal ob eine bewusste Verdrehung seitens der Vertreter eines multikulturellen Egalitarismus vorliegt oder ob aus Unwissen alles über einen Kamm geschert wird: Mit beidem soll hier aufgeräumt werden.
Fehlurteil 2: Weil Libertäre wie ‘ moderne‘ Liberale sich für eine Globalisierung der Märkte und gegen Handelshemmnisse einsetzen, vertreten Libertäre auch die Idee der „Einen Welt“.
„Ja“ zur ökonomischen Globalisierung bei Liberalen und Libertären
Zu der uneingeschränkten Befürwortung offener Märkte wie der Ablehnung jeglicher Handelshemmnisse, also zum freiheitlichen Freihandels-Credo habe ich mich bereits in der ersten Folge dieser Abhandlungsreihe („Freier Warenverkehr entspricht freiem Personenverkehr?“) ausführlich geäußert, so dass herauf verwiesen werden kann. Die Finanzmärkte sind bereits erfreulich globalisiert, weil man das Finanzkapital nur mit sehr rabiaten Methoden an seiner uneingeschränkten weltweiten Mobilität hindern kann.
Insofern sind (Wirtschafts-)Liberale wie Libertäre ganz fraglos Befürworter einer ökonomischen Globalisierung. Über die seltsamen Anwandlungen des ansonsten gesellschaftspolitisch so vorbildlichen Donald Trump, mit andauernden Zoll-Drohkulissen die fortschreitende De-Industrialisierung seines Landes und das ausufernde Außenhandelsdefizit der USA eindämmen zu können, werden Liberale wie Libertäre nur verwundert den Kopf schütteln.
Die überstaatliche Dimension der Globalisierung
Neben der ökonomischen Dimension weist die Globalisierung eine überstaatliche Stoßrichtung auf. Der ‘moderne‘ Liberalismus mit seinen multikulturalistischen Anwandlungen ist der Idee des „Weltbürgers“ durchaus aufgeschlossen. In der Überzeugung, globale Probleme wie die Umweltverschmutzung ließen sich nur überstaatlich lösen, ist der Liberale des 21. Jahrhunderts ein leidenschaftlicher Befürworter überstaatlicher Institutionen.
Dies geht soweit, dass der zeitgenössische Liberale fragwürdige, vermeintlich überstaatliche Konglomerate wie die Europäische Union auch dann noch leidenschaftlich verteidigt, wenn diese ganz offensichtlich geprägt von französischer Dominanz zentralistisch und dirigistisch konstituiert ist.
Aber der Pseudo-Liberale des Hier und Jetzt verrät nicht nur die klassischen freiheitlichen Ideale der Präferenz dezentraler Organisation und eines möglichst geringen Staatsinterventionismus. Er bricht sogar mit seinem marktliberalen Identitätskern, indem er die Europäische Union als überstaatliche Institution verteidigt, obwohl diese eine durch und durch sozialistische Wirtschaftspolitik im Geiste der Umverteilung und Wirtschaftssteuerung durch Staatssubventionen betreibt.
Aber der überstaatliche Holzweg, auf dem sich die ‚modernen‘ Liberalen befinden, führt noch weiter. In ihrer realitätsresistenten kosmopolitischen Überzeugung von der „Einen Welt“, muss diese eine Menschheit in einer nicht allzu fernen Zukunft folgerichtig von einer Weltregierung geführt werden. Nur so können die Menschheit gerettet und die Welt gerecht und sozial werden – zwei klassische sozialistische Phrasen.
Kompromisslose libertäre Kontraposition zu überstaatlichen Phantasien
Da der libertäre Ansatz nicht nur singulär staatkritisch ist, muss der klassische Liberale eine überstaatliche Konstruktion folgerichtig schon zwei Mal ablehnen: zum einen, weil ein Staat an sich zu viele Kompetenzen an sich und dem Privatrechtlichen entreißt; zum anderen, weil Staaten oder supranationale Gebilde mit zunehmender Größe dazu neigen, zentral organisiert zu sein. Da zudem der organisatorische Aufwand mit zunehmender Größe steigt, können die vielbeklagten Folgen des Parkinson’schen Gesetzes an dem sich jedes Jahr weiter ausdehnenden Staats- und Beamtenapparat abgelesen werden.
Insofern neigt der Libertäre im Gegensatz zu lauen Liberalen eher zur Sezession aus vorhandenen Staatsgebilden – oder zumindest zu autonomen Gebieten bzw. Freihandelszonen – als zu (über-)staatlichen Großgebilden.
Knackig zusammengefasst: Der Libertäre will nicht die „Eine Welt“ und auch nicht fragwürdige Konglomerate wie die EU, nein, der Libertäre will mehr Schweiz und mehr Liechtenstein.